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Mittwoch, 30. September 2015

Zwischen Herzschmerz und Vorfreude: Plötzlich Dreifach-Vater

Dieser Eintrag, den ich gerne mit Euch teilen möchte, ist ein ganz besonderer für mich. Es ist der erste einer ganzen Reihe. Der erste Gastartikel auf Der Stillzwerg, geschrieben von meinem Mann, aus Vätersicht.

Mein geliebter Sohn wird doppelt entthront 
„Herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger“, sagte die junge Gynäkologin. „Aber“, führte sie weiter aus, “ da ist noch etwas“.  Ich hatte es mir gedacht. Schon beim ersten Blick auf den Bildschirm hatte ich diesen Verdacht. Also für Männer ist das Abbild der Gebärmutter samt Fötus ja relativ pragmatisch. Es ist so ein bisschen steinzeitmäßig, was an unserer Rolle des Ernährers innerhalb der Evolution liegen könnte. Höhle, dunkel, Baby. Soweit der Mann, soweit die Theorie.

An jenem Tag stellte sich das Ultraschallbild als nicht ganz so pragmatisch dar. Höhle, dunkel, linke Ecke ein Zellknäuel, rechte Ecke ein Zellknäuel. Und jetzt Frau Doktor?!  „Da ist noch etwas“. Geht es ein bisschen präziser? „Zwillinge, vielleicht.“ Achso. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Oder nur ein bisschen Zwillinge? Vielleicht bin ich nun auch ein bisschen verwirrt. Also eigentlich so richtig.

Die nette Gynäkologin hatte an diesem Tag keine hundertprozentige „Diagnose“ für uns. Ob wir tatsächlich „doppelt schwanger“ sind, würden wir erst eine weitere Woche später erfahren. Dies war der Startschuss für eine unfassbar gedankenschwere und nervenaufreibende Zeit.

Nach dem Ultraschall kommt der Schock
Schwanger. Letztenendes ohne Zweifel gleich zweifach. Okay  – meine Partnerin und ich hatten jetzt nicht unbedingt etwas gegen die Entstehung einer Schwangerschaft unternommen. Aber  gleich doppelt? Das war schwere Kost und kaum zu verdauen. Was für viele werdende Eltern einem Segen gleichkommt war für uns, war für mich als Vater, zunächst einmal ein Schock.

Einem Vater kommen da zunächst einmal die klassischen Fragen, Selbstzweifel und Ängste in den Sinn. Hat unser Haus genug Zimmer? Reicht der bisherige Kleinwagen noch aus? Verdiene ich genug Geld um meine dann nicht mehr ganz so kleine Familie zu ernähren? Können wir uns auch in Zukunft noch etwas „leisten“ und können wir unseren Kindern noch etwas bieten? Allesamt sicherlich mehr oder weniger „wichtige“ Gedanken.

Überstrahlt wurden diese Gedankengänge allerdings von viel stärken Gedanken, Gefühlen und Ängsten. Auch heute noch. Was passiert eigentlich mit unserem Sohn? Wie wird es für ihn sein, wenn die Zwillinge erst einmal auf der Welt sind? Bislang war er der uneingeschränkte Mittelpunkt unseres, ja meines Lebens. Mein Fixpunkt. Das mit Abstand Beste, was mir in meinem Leben passiert ist, nach meiner Frau. Ohne jegliche Übertreibung. Dementsprechend gestaltete sich seine bisherige Kindheit. Junior ist gerade 2 Jahre und zwei Monate alt. Also in Mütter-Sprache 26 Monate. Wenn die beiden Zwillinge auf die Welt kommen, wird er fast genau 33 Monate alt sein. Und eben genau diese 33 Monate wird Junior die absolute Nummer eins gewesen sein. So wie sehnlichst herbeigewünschte Wunschkinder nun mal die absolute Nummer eins sind.

Heli Heli Helikopter
Ja, mein Sohn ist verwöhnt. Ein bisschen. Vielleicht. Ach was, ganz sicher. Und das ist auch gut so. Kuchen essen gehen („Ja Papa, Kuuuuuuuchen“), Schwimmen, Indoor-Spielplatz, Bauernhof samt Traktoren, Pferden und Kühen, zusammen einkaufen gehen, im Garten rumtrollen, die eigenen Hühner füttern, Eier sammeln, Drachen steigen lassen, Fußball spielen – am liebsten alles zusammen am gleichen Tag. Jeden Tag.  Auch wenn es ein bisschen nach Helikopter-Papa klingt: Unsere Zeit ist so kostbar und durch die Arbeit  sowie dem Alltag doch so knapp.

Gott sei Dank gibt es ja auch noch die tolle Mama. Aber die, die muss bald geteilt werden. Also doppelt geteilt werden. Puh. Das stelle ich mir echt schwer vor für so ein kleines Wesen.  Mein Sohn wird gleich doppelt „entthront“ und erfährt schon so früh eine Art erste „Lebenskrise“. Das tut weh - trotz aller zwischenzeitlich riesigen Freude auf die eineiigen Zwillinge. Dieses so tolle Kind, was unser Leben so bereichert, so maximal lebenswert gemacht hat, muss zurückstecken und muss lernen nicht mehr uneingeschränkt die erste Geige in unserem Leben zu spielen. Ich habe Angst. Nein, wir haben Angst. Sehr große sogar.

Doppelentthronung als Chance?
Wird mein Sohn, wenn die Zwillinge erst einmal auf der Welt sind, viel weinen? Wird er sich, wenn er einmal zu Oma oder Opa geht, zurückgewiesen fühlen? Was ist wenn wir einen Kita-Platz für ihn bekommen sollten? Fühlt er sich dann gar abgeschoben? Den halben Tag nicht zu Hause sein - eine lange Zeit für so einen kleinen Kerl. Eine verdammt lange Zeit ohne Mama und Papa mit dem Wissen, dass an Mamas Brust, die ihn immerhin mehr als zwei Jahre genährt hat, während dessen zwei andere Kinder hängen und betüddelt werden. Und wie soll das eigentlich alles funktionieren, wenn Mama zwei Babys zu versorgen hat und Papa arbeitet? Was macht das alles mit Junior und was löst diese neue Situation aus?

Tief in meinem Inneren hoffe ich, dass mein geliebter Sohn positive Dinge aus dieser Situation zieht. Dass es eine zusätzliche Entwicklungschance für ihn ist, er daran wächst, sich weiter zu einer selbstbewussten, tollen Persönlichkeit entwickelt und ein stolzer großer Bruder der Zwillinge sein wird. Vielleicht wird er in einigen Jahren einmal sagen, dass er sehr glücklich darüber ist nicht alleine durch die Welt zu gehen und Familie ein wichtiger Punkt in seinem Leben ist, der ihm Halt gibt. Ich wünsche es mir. Ich wünsche mir, dass meine Kinder glücklich sind, dass sie Glück und Liebe erfahren. Das ist schon alles. Dann bin ich, dann sind wir es auch.


Möchtet Ihr mehr solcher Beiträge, aus Vätersicht und geschrieben vom Vater, auf Der Stillzwerg lesen - wie hat Euch dieser Gastartikel gefallen? Lasst es mich wissen.


5 Kommentare :

  1. Ich fänd's gut, auch Beiträge aus Papa-Sicht zu lesen. ��

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  2. Ein ganz toller Artikel, hat mir sehr gut gefallen. Wie schön, dass er seine Gefühle so gut einordnen und beschreiben kann. Wie schön, dass auch ein Papa Gedanken und Ängste hat (und diese zugeben kann). Ich würde gerne mehr davon lesen.

    Liebe Grüße, Tanja

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  3. Schade, dass der Artikel schon zu Ende ist. Hat mich gefesselt und berührt. Die Ängste und Gedanken kann ich durchaus nachvollziehen und wüsste gern wie es weiter geht.

    Liebe Grüße
    Katrin

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  4. Oh,dieser Beitrag spricht mir bzw uns so von der Seele. Wir sind gerade in der gleichen Situation. Unsere Prinzessin wird 18 Monate alt sein, wenn unsere Zwillinge auf die Welt kommen. Da beschäftigen uns die selben Gedanken.
    Auch aus Vatersicht dies zu lesen finde ich toll, denn von denen liest man noch so wenig!

    Liebe Grüße,
    Danny

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  5. Ihr Lieben, ich kann euch so gut verstehen. All eure Gedanken so gut nachvollziehen. Unser Sohn war bei seiner "Entthronung" genau 4 Jahre alt. Das heißt, genauer gesagt, er wurde genau einen Tag nach der Geburt der Zwillinge 4 Jahre alt und sein Thron war ebenso watteweich gepolstert. Was unsere Erfahrung in den letzten 2 Jahren angeht, kann ich euch Mut machen. Er hat wirklich viel entbehren müssen, das kann man nicht anders sagen, aber er hat das so super weggesteckt. Er liebt seine Zwillinge abgöttisch, hat nie über die Lippen gebracht, sie sollen wieder verschwinden oder ähnliches. Ich glaube, er spürte auch, dass wir alles gegeben haben. Wenn ihr Oma und Opa in der Nähe habt und sie gut einbinden könnt, wunderbar! Euer Großer wird das bestimmt gern nutzen, denn dort bleibt sein Thron noch erhalten und das ist wirklich gut so. Und mit großer Sicherheit wird es sein Leben bereichern. Denn er gewinnt zwei kleine Fans dazu. Er wird ihr Held sein, ihre Augen werden strahlen, wenn er kommt. Lasst uns gerne in Kontakt bleiben für einen Zwillings-Austausch. Für mich war das unendlich wichtig in den ersten Monaten. LG und alles Gute für euch Fünf, Patricia

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